Allein machen oder einen Partner für den FKT suchen? Das war nun die nächste Frage. Laufen muss man es ja nun mal eh alleine, das liegt in der Natur der Sache. Da die Strecke aber nicht gerade durch den größten Ballungsraum der Erde führt und die Tierwelt weniger putzig ist als die Kuschelabteilung im Fressnapf, könnte man auf die Idee kommen, dass ein Laufbuddy der Sicherheit und dem Spaß zuträglich ist. Ein weiblicher Laufbuddy wird von der Regierung nicht genehmigt, das Thema hatten wir schon mal. Also ging ich mal wieder auf den Trail, um darüber nachzudenken…

Nun schränkt sich die Suche nach Laufbuddys für derartige Unternehmungen sehr schnell, sehr stark ein. Fast 3 Wochen Laufzeit plus An- und Abreise, die übrigens aufgrund ihrer exponierten Lage an Start und Ziel auch noch jeweils 2 Tage benötigt. Dazu noch ein erheblicher Trainingsaufwand, da kaum jemand mal eben 1300 Kilometer abspulen kann. Dass die ganze Geschichte auch noch ganz erhebliche Kosten produziert, war mir zu dem Zeitpunkt und in der finalen Ausprägung noch gar nicht bewusst. Ich plante mit dem was ich habe, plus ein paar Neuanschaffungen wie einem Ultraleicht-Zelt, den Reisekosten und einem Haufen Expeditionsnahrung. Über den Daumen 2000 Euro, doch es würde mehr werden, viel mehr. Also weiter mit dem Laufbuddy. Wer könnte so naiv, gut trainiert und abenteuerlustig sein das Ganze als eine gute Idee zu bewerten, um mit mir in Runde 2 zu gehen?

Marcus Kjellberg! Vollkommen logisch. Sein Land, sein Sport und verrückt genug ist er auch. Für diejenigen die Marcus nicht kennen: einer der bekanntesten Nicht-Profis in Schweden mit unzähligen UTMB- und Nicht-UTMB-Abenteuern auf der ganzen Welt. Oft eigentlich eine vermeintliche Nummer zu groß für ihn und jemanden, der sich mit Diabetes den längsten Ultras der Welt stellt und nicht selten dabei schwer kämpfen muss. Marcus ist ein Kämpfer, ein Held und ein unglaublich leidensfähiger Trailrunner. Zudem in meinem Alter und womöglich noch mit Ortskenntnissen, zumindest aber enormen sprachlichen Vorteilen. Als Fan seiner tollen Youtube-Filme hatte ich bereits Einblick in die Psyche von Marcus und er war es, bei dem ich zuerst vom 100-Meilen-Kullamannen hörte und wie er diese Tortur im gruseligen Winterhalbjahr in Südschweden Jahr für Jahr nicht nur abspult, sondern finisht und der Erste überhaupt war, der zuerst den Golden Ring (3 Teilnahmen) und dann den Diamond Ring (5 Teilnahmen) bekam. Bevor er bei seiner sechsten Teilnahme 2024 den ersten DNF hinnehmen musste. Dem Jahr, in dem ich den ersten 100K Kullamannen lief.

Ich schrieb Marcus also eine Mail und beschrieb das Abenteuer Gröna Bandet FKT in den schillerndsten Farben. Ruhm, Ehre, Herausforderung, Erinnerungen, Rekordzeit – volles Programm. Es dauerte kaum einen Tag und die Antwort lag im Postfach. Mega Idee, findet er hochspannend – aber seine Jahresplanung für 2025 ist schon abgeschlossen und ich ahnte auch schon, warum es schwierig ist einen UTMB-Fan für meine FKT-Expedition zu gewinnen: in der letzten Augustwoche steht in der Regel das UTMB-Hauptevent in Chamonix an und wenn man eine Startberechtigung hat, ist das ein echter Showstopper für andere Herausforderungen. Genau darauf zielte Marcus Planung offenbar: Kullamannen 100M unter 20 Stunden laufen, damit in der AK aufs Podest steigen und direkt einen Startplatz für das Hauptrennen ergattern! Logisch. Ich war also raus.

Facebook musste herhalten. Wer aus meiner Trailrunning-Bubble könnte noch in Frage kommen? Nur fünf Minuten dauerte die Inspirationsrunde durch das Netz. Lord Jens Kramer! Der hatte gerade von seiner Teilnahme am Everest Trail Race berichtet, die ich mit Begeisterung gelesen hatte und direkt Fernweh spürte. Schon seit ein paar Jahren beobachtete ich per Social Media, was der Bursche aus Südtirol so treibt und wo er seine Spuren hinterlässt. Mehrere Siege beim TransAlpine Run, viele Ultra-Distanzen und außerdem hatte er einen gewissen Witz und Bodenständigkeit, was mir sehr taugte.

Und auch hier ging es schnell. Noch am gleichen Tag gab es Antwort von Jens. Er war interessiert und wollte mehr hören. Super Anfang und eine echte Chance, denn Menschen  mit meiner Begeisterung anzuzünden, ist meine Stärke. Und so saßen wir nur ein paar Stunden später beide in unserem Kelleroffice, er mit seiner Tibetgebetsbeflaggung im Hintergrund (bei mir im Garten) und los ging die wilde Fahrt durch Lappland. Zumindest theoretisch, aber schon ziemlich mitreißend und so ging das eine gute Stunde lang, während seine Begeisterung von Minute zu Minute mit neuen Erkenntnissen und Infos wuchs, bis er eigentlich schon in seinen Träumen gefangen war. Trotzdem wollte er nochmal eine Nacht darüber schlafen.

Ungefähr 9 Monate später erzählte er mir dann, wie er es seiner Frau Martina erzählt hat und sie ihn darin bestärkte das Abenteuer anzugehen. Gute Frau! Und so fing sie also an, diese Freundschaft zwischen zwei nicht mehr ganz frischen Jungs, die nach dem Abenteuer suchen und bereit sind dafür besonders hart zu trainieren und andere Abenteuer zurückzustellen. Dass er an dem Tag als ich ihn anmailte bereits mit dem Finger an der Mouse kurz davor war sich zu einem Ultra auf Island im Sommer 2025 anzumelden, erfuhr ich auch erst später. Und er von mir, dass ich bereits eine sechswöchige Island-Solo-Expedition über 2600 Kilometer auf dem Mountainbike hinter mir hatte und für das Land brenne. Wie diese Geschichte ausgehen wird, ist noch ungewiss. Aber ganz sicher wird das Thema noch einmal spannend, denn ich habe eher nicht vor mich zu diesem Rennen anzumelden, wenn ich noch etwas viel aufregenderes auf der Insel der Vulkane, Geysire und Gletscher erleben kann …